Victorianisches Hochland

English Summary: Look at the back!

Am Mittwoch Vormittag fuhr ich aus Melbourne los, erstmal in Richtung Osten auf der Autobahn. Wie ich auf der Karte gesehen habe, fuehren etliche kleine Straszen durch die Berge in Richtung Canberra. Nach guten zweihundertfuenfzig Kilometern (und vielen Orten mit lustigen Namen wie Robin Hood Junction, Garfield North, Moe und Sale) bog ich also vom Highway ab in Richtung Norden. Wie erwartet gab es wieder menschenleere enge Straszen, die sich in halsbrecherischer Kurvigkeit an den steilen Haengen entlang schlaengelten.

Da es schon spaeterer Nachmittag war und das Wetter begann, sich einzutrueben, wollte ich in einem der zahlreihen Heuschuppen naechtigen. Also hielt ich bei einem der vereinzelten Bauernhaeuschen und fragte den Bewohner, ob er einverstanden sei, mich im etwa 500 entfernten Heulager zu beherbergen. Er hatte zwar nichts dagegen, sagte aber, jener schuppen gehoere ihm gar nicht, sondern einem weiter entfernten Nachbarn. Aber ich koenne mir die Fahrt zu diesem sparen, er habe einen eigenen Schuppen gleich hinterm haus. Wenn ich woellte, koennte ich aber auch gerne im Gaestezimmer unterkommen. Dieses Angebot schlug ich aber aus, ich will mich ja nicht zu sehr verwoehnen. Beim anschlieszenden Bier auf der Veranda fand ich heraus, dass John, Fruehrentner, versucht, sein langsam verfallendes Haeuschen so gut wie moeglich in Schuss zu halten. Und er fand meinen Beruf heraus und ueberredete mich, einen Tag da zu bleiben und ein Paar Dinge fuer ihn zu schweiszen.

Er hatte ein hervorragendes ESAB MAG-Schweiszgeraet und auch alles, was man sonst so braucht. Also verbrachte ich den naechsten Tag in der Werkstatt und wurde zwischendurch mit Bier und Sandwiches bekoestigt. Nach getaner Arbeit (nichtmal sieben Stunden) bekam ich ein mariniertes Porterhouse Steak (sanft geklopft und 15min eingelegt in 50/50 Worcestershire Sauce und Balsamicoessig), dazu Hashbrownes  (nicht etwa #brauns), welche nur aus rohen, geriebenen Kartoffeln bestehen, anbei Brokkoli und obendrueber eine Pilz-Knoblauch-Sosze. Als ich mir ein Steakmesser greifen wollte, meinte John: “Das brauchst du nicht, ein Buttermesser kann dieses Steak schneiden!” Und er hatte recht. Dies alles zubereitet auf seinem Holzbefeuerten Herd verlieh dem Ambiente besonderen Charme. Vielen Dank dafuer! (Umwege lohnen!)

Wenn John nicht gerade mit seinem versinkenden Haeuschen beschaeftigt ist, bastelt er gern an Autos. Insgesamt acht “Projekte” hat er auf dem Grundstueck (und letztes Jahr neun entsorgt). Der 40er Landcruiser neben meinem Schlafplatz hat z.B. einen 5,7l Chevrolet V8 Motor erhalten, welcher ueber eine Selbstgebastelte Ansaugbruecke mit Propangas befeuert wird. Lief aber leider nicht.

Obendrein sieht man noch ein Paar Bilder von der Umbebung seines Haeuschens…

Gestern dann bin ich weitergefahren ueber enge und unasphaltierte Passstraszen in atemberaubender Landschaft. Meine Exchefin emailte mir auch die Adresse der Deddick Springs Cattle Station, deren Besitzer ein Freund der Ashburton Downs Bewohner ist. Diese habe ich gefunden, jedoch niemanden angetroffen. Abgedehen von Klopfen und rufen habe ich auch keine aggresiveren Eindringversuche gemacht, weil man ja nie wissen kann, ob einem eine Garbe Schrot entgegen geflogen kommt, wenn man unaufgefordert Haustueren oeffnet…

Also weiter ueber die McKillops Bruecke, welche ueber beruehmten Snowy River fuehrt. Die Bruecke wurde 1934, kurz vor der geplanten Eroeffnung, von einer Jarhundertflut Weggespuelt und daraufhin um einige Meter erhoeht. Sie galt damals als fortschrittlichste Brueckenkonstruktion der Welt, weil die Pfeiler von einem durchgehenden, Lichtbogengeschweiszten Fachwerktraeger verbunden werden. Darueber liegt allerdings eine teilweise etwas gammelige Holzbeplankung. Die Bohlen in Fahrtrichtung sind ab und zu locker und die Unterlegscheiben der langen Schrauben klingeln lustig, wen man drueber faehrt. Trotz allem ist die Brueke fuer LKW bis 20 Tonnen zugelassen!

Nach weiteren Kilometern in der herrlichen Landschaft im Grenzgebiet Zwischen Victoria und Neusuedwalisien gelangte ich in Bombala Schlieszlich auf den Monaro Highway, welcher mich bei leichtem Nieselregen innerhalb von knapp zwei Stunden in das Australische Hauptstadt Gebiet (Australian Capital Territory) und damit nach Canberra befoerderte. Dort gibt es nur eine YHA Jugendherberge – Die etwas snobbige und teure Hostelkette. Das erleichterte zwar die Auswahl, aber nicht die Navigation. Obedrein ist beim Einfahren in die Stadt einmal ein “Town Centre” und einmal eine “City” ausgeschildert. Town Centre erwies sich als falsch. Nach etwa einer Halben Stunde Autobahngewirr (riesenbreite und voellig leere Autobahnen und das am Freitagabend!) war ich in jener City angekommen und wollte mir eine Touriinfo oder einen Platz zum Laptopgucken auswaehlen, als ich, nach voellig intuitivem und nichtsdestoweniger gaenzlich planlosem Herumjuchteln, ploetzlich direkt vor dem Hostel stand! So mag ich das! Gratis Parkplaetze (fuer Motoradfahrer) gibts auch und nach einigem Herumgelaufe und verbaler Unmutsaeuszerungen an der Rezeption fand ich im Keller beim Pool auch die einzige Warme Dusche des Hauses! Nur 20 Minuten musste ich warten!

Heute morgen war ich einkaufen – Bei Aldi (oesterreichisch: Hofer)! Weisz nicht wie die sich das leisten koennen, aber alles kostet weniger als in anderen australischen Maerkten. Sogar eine 24er Palette Bier gibts fuer nur 24$! Potztausend! Und ueberhaupt, Bier wird, wie auch in Deutschland ueblich, einfach im normalen Sortiment mit verkauft, ohne extra Schnapsladen! Das nenn ich mal Kulturexport!

English summary:

Wednesday I left Melbourne via Freeway M1/A1 and continued riding for about 250km to Bairnsdale. After refueling  I took small roads straight up north and ended up stopping at a little farmhouse to ask for camping in a hay shed, since the weather became a bit unstable. That way I met John, who offered me his shed and talked me into staying another day to get some stuff fixed for him. He rewarded me with a remarkably awesome Steak and a reasonably amount of money as well. Pleasure for me, mate! Next day I continued though the mountains and stopped by at Deddick Springs Station, a friends (of my former bosses) place. Unfortunately, he didn’t hear me knocking and shouting, nor I wanted to intrude uninvited (for not being greeted by a round of buckshot) so I had to leave unfinished business.

Apart from beautifully winding mountain roads and breathtakingly picturesque scenery nothing thrilling happened, until I reached Canberra in the late afternoon. They even got Aldi supermarkets here!

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12 Antworten auf Victorianisches Hochland

  1. bica sagt:

    Frei nach W. Busch: Will Australia nach seinen Sinn dir was Gutes schenken, sage Dank und nimm es hin ohne viel Bedenken…. wenn dir auch weiterhin so viel Gutes widerfährt… ist das mehr als einen alten Weinbrand wert!

  2. Hanni sagt:

    Wow, die Landschaft hat sich auf die letzten paar Tausend Kilometer ganz schön verändert! Wenn dir die Straßen an den steilen Klippen und Abhängen Gaudi bereiten, sollten wir zusammen mal die Pässe in den Alpen a la Ligurische Grenzkammstraße & co beglücken, die waren fast noch nen Ticken krasser.

    Aber immer wieder geil zu lesen, daß du, was Unterkunft und Verköstigung angeht, ne bessere Nase als ein Trüffelschwein haben mußt!

  3. Altmeister sagt:

    Ein guter Kerl findet überall offene Türen und einen guten Imbiss. Warst sicher froh wieder einmal deine Berufsbekleidung anlegen zu können.

  4. seppel sagt:

    he ralle es ist ein augenschmaus was du uns hier darbietest weiter so und immer eine handbreit dreck unterm gummi. mfg seppel

  5. Matse sagt:

    Hey,
    na wenigstens biste auf dem Berg und der Zyklon zieht nicht den Moped ins Meer.

  6. Maria sagt:

    Versuch’s mal mit “Look at the bottom”, das ist verständlicher.
    Die Bilder sind echt der Hammer und lassen mich überlegen, ob ich statt neuer Stelle nicht doch lieber einen Flug nach Australien antreten sollte…

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