Mit fliegenden Fahnen

Ohne Worte.

Nach einer kurzen Ruhepause in Padang machte ich mich zum Tobasee auf. Auf dem Weg hielt ich an einem Nudelbuedchen wo die ganze Strasze in den Farben meiner Heimat beflaggt war. Wie ich herausfand, sind dies die selben wie im Regierungsbezirk West-Sumatra. Beim Fotografieren dieser Heimatgefuehle weckenden Dekoration sagte ein Mann irgendwas vom Aequator. Oh, dachte ich, hatte ich den etwa schon verpasst? Stand kein Schild, wie so oft… Aber nein er wedelte mit dem Arm und zeigte auf das riesige Schild ueber der Strasze – HIER war der Aequator! Und ich hatte es nicht gesehen… Also konnte ich offiziell mit Staatsehren zurueck auf die Nordhalbkugel reiten! Drueben merkte ich auch gleich den Unterschied: Winter ist wieder Sommer, Sueden ist wieder Norden, das Wasser strudelt wieder richtigrum, die Uhr laeuft wieder vorwaerts, die Hausaecher sind nicht mehr aus Gold, Hunde jagen wieder Katzen und Katzen jagen wieder Maeuse, in den Baechen flieszt keine Milch mehr, die Lehrer unterrichten wieder die Kinder, Autos fahren vorwaerts und Menschen laufen nicht mehr auf den Haenden. Eine kleine Radumdrehung fuer ein Hiatamadl, aber ein groszer Schritt auf dem langen KFZmarsch nach Hause. Bei klarer Sicht koennt ihr am suedoestlichen Horizont schon meine Staubwolke erkennen…

Nach einer weiteren Uebernachtung in einer art Motel (eine anwesende Schulklasse machte fast ne halbe Stunde Ftotos mit mir) begann ich schlieszlich die aeuszere Wand des Kraters zu erklimmen. Der Pass zum See liegt in geschaetzen 1700-1800m Hoehe. Natuerlich fing es an wie aus Eimern zu schuetten und es wurde auch dementsprechend schweinekalt! Schlagloecher waren voll mit Wasser und Baeche liefen ueber die Fahrbahn, so das die Karre bis zu den Fuszrasten in der Bruehe hing. Aber Nass war ich ja eh… In eine Kurve rutschte ich aus und schlitterte bis zur anderen Seite der Strasze. Als die Schlitterung beendet war, war ich sehr froh, denn der Abhang hatte gerade begonnen! Aufgrund der schon etwas schraegen Hanglage schaffte ich es nicht gleich, das Gefaehrt selber aufzurichten, aber ein freundlcher Lieferwagenfahrer half mir trotz des Pisswetters! Etwas spaeter kam ich zu einer menschenleeren Siedlung, wo ich unter einem Vordach der Wetterbesserung harren wollte. Waehrend der naechsten 1,5h kamen noch zwei Indomopedfahrer vorbei. Als der Regen schwaecher wurde, machte ich gleich wieder los, denn ich fahre lieber im Regen als im Dunkeln im Regen. Kaum war ich auf der Strasze hinunter zum Krater, hoerte der Regen auf und es wurde warm und paradiesisch. Bei einbruch der Nacht erreichte ich schlieszlich Tuk Tuk und mietete mich in einer kleinen Pangsion ein.  Insel Samosir, Tobasee. Geschafft!

Dieser ist der groeszte Vulkankratersee der Erde, bei dessen letzten Ausbruch vor paarundsiebzigtausend Jahren fast die gesamte Menscheit ausgestorben waere! Jetzt ist er allerdings ein beliebtes Naherholungsgebiet fuer Touristen aus Medan, aber auch bei einigen Individualreisenden sehr beliebt. Hier traf ich Markus aus Regensburg, der bereits seit Monaen auf der Insel rumhaengt um ein Buch zu schreiben. Dazu bewohnt er ein huebsches Batak-Haus direkt am See.

Dafuer dass Tuk Tuk voll von Pangsionen, Hotels und Gaststaetten mit teilweise einigermaszen westlicher Kueche ist, waren kaum Touristen da. Angeblich sei der Tourismus wegen der Terroranschlaege in Bali oder der unruhigen Lage in Aceh im Norden der Insel eingebrochen. Aber das bringt keinen Indonesier aus der Ruhe…

Abgesehen davon wird versucht, einem ueberall in Tuk Tuk Marihuana zu verhoekern. Lustigerweise gibts halluzinogene Pilze ganz offiziell im Straszenverkauf oder auf der Speisekarte. Aber ich konnte leider keinen Gebrauch von all dem machen, da ich ja ganz bei trost sein muss, um mich heil durch die nicht immer einfachen Straszenverhaeltnisse zu befoerdern. Krank bin ich aber trotzdem geworden, das Fieber schickte mich drei Tage auf die Bretter, der freundliche Markus hat mich jedoch mit Medizin versorgt.

Als ich schlieszlich einigermaszen genesen war, nahm ich die letzte Etappe in Indonesien in Angriff – nach Medan! Ich erfuhr, das ich nicht wieder auf dem gleichen Pass aus dem Kessel hinaus und um den ganzen See herum musste, sondern auch mit der Faehre fahren und etwa 100km sparen konnte! Nach einigen Stunden herrlicher Landschaft und voellig zerstoerten Straszen erreichte ich spaetnachmittags die City von Medan, wo ich zur Feier des Tages in einem Viersternehotel eincheckte und warm duschen konnte. Gut, fuer die Kohle  haette ich noch ne Woche in Tuk Tuk bleiben koennen, aber man kann ja nicht immer leben wie ein Hund! Am naechsten Tag begab ich mich nach Belawan (Hafen von Medan) zu einem kleinen Hotel von dem aus ich die weitere Verschiffung zu organisieren gedachte. Das “Hotel” entpuppte sich als eine baufaellige Lagerhalle in den verdreckten Slums von Belawan, dort wollte ich nicht bleiben, trotzdem (oder gerade weil) mich eine Meute grinsender Maenner mittleren Alters zum bleiben ueberreden wollten. Einer von denen, hager und ausgemergelt, sprach etwas englisch. Also dachte ich, mach ich das beste aus der Situation und gab ihm etwas Geld, und packte aus. Mein Notizbuch, mit der Adresse des Schiffahrtsbueros. (Jl. Bangka Timor No 49 Belawan, tel 06177671410, mobil 0811615997, falls es jemanden interessiert). Daraufhin wetzte er los, besorgte sich (von irgendwoher) ein Mopped und geleitete mich zum Buero. Da war keiner, Feiertag. Aber in der verranzten, oeh, “Herrenpangsion” wollte ich auch nicht bleiben. Aber der freundliche Ortskundige fuehrte mich in ein huebsches Bungalowhotel, was ganz gut aber nicht sehr teuer war. Und ganz in der Naehe! Warum setzen sich diese Affen nicht ins internet? Es kostet nichts und schon ein Kunde jaehrlich rechtfertigt die Stunde Aufwand! Am nachsten Tag fuhr ich wieder zum Buero, und nach drei stunden hatte ich Kaffe getrunken, Haare geschnitten, Mittag gegessen, Carnet abgestempelt, Mopped im Kaischuppen geparkt und sasz im Taxi nach Medan, wo ich noch ein paar Tage bleibe und anfang naechster Woche nach Malaysia Fliege. Kann ja auch mal was einfach gehen!

Ach ja: Von der Moppedverschiffung hab ich keine Fotos, weil der Kameraakku alle war.

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10 Antworten auf Mit fliegenden Fahnen

  1. bica sagt:

    Danke! Einfach nur Danke! Für den langen und unterhaltsamen Bericht, die lokalkoloritierten Fotos und für dein Bemühen um deine physische und psychische Gesundheit!

  2. Hanni sagt:

    Möge dir weiteres Fieber u.ä. ersparrt bleiben! Schön, daß du jetzt schon mal wieder auf der heimischen Nordhalbkugel bist!

  3. Micha sagt:

    Seit wann bist du denn Belgier? ;P Bleib jetzt mal schön gesund. Fieber muss doch nicht sein. Gute Reise weiterhin.

  4. tim sagt:

    1. die verlinkte homepage von dem Hotel in Medan hat nen trojaner auffer Seite.

    2. Willkommen zurück in der 2. Welt (vorerst)

  5. Ronko Zar sagt:

    Zurück auf der richtigen Seite und gleich machen Kinder Fotos von dir? Ich hoffe du warst ausreichend bekleidet. Auf deinen Bildern sieht man überall Wasser, ganz wie in Dresden. Nach der großen Flut gleicht auch der Rest dem von dir augenscheinlich bevorzugten Wellblechhütten – Ambiente. Bitte halt sich in Malaysia ein bisschen zurück. Die Zivilisation rückt näher und vielleicht gibt es jemdanden, der sich deiner Haarpracht annimmt. Kein Wunder, wenn man dir den Helm klaut. Viele liebe Grüße aus der Heimat und allerbesten Dank für die Karte. Ich hab das Bier shon kalt gelegt, beeil dich!

    • The Ralf sagt:

      Ja, hier is ja Islam, da zie ich haeufig wenigstens Schluepper an, wenn ich vor die Tuer gehe. Deswegen ist die Gesichtsbehaarung auch von Vorteil, die macht mittlerweile auch die Imame neidisch! Weinend in den Staub haette sich der unwuerdige Helmdieb geworfen, wenn er gewahr geworden waehre, welchem unbarmherzigen germanischen Wotan er den Kopfputz auf derart weibisch-feige Weise entwendet hat!

      Ooch joa…mit dem beeilen ist das sone Sache….

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