Phnom Penh

Phnom Penh und seine Moppeds

Gute 300 km suedoestlich von Siem Reap befindet sich Phnom Penh, die Hauptstadt Kambodschas. Komischerweise liegt das von mir per Zufallsnavigation angesteuerte Guesthouse mal wieder auf der roten Meile. Auch sonst gefaellt mir die Stadt sehr gut, es ist zwar viel chaotischer Verkehr, aber irgendwie kommt man immer durch. Es gibt hier auch viel zu sehen, zum Beispiel den Koenigspalast. Allerdings war er jedesmal, wenn ich da war, unter irgend einem Vorwand geschlossen (interne Veranstaltung; Mittagspause; heute schon zu, leider). Deshalb gibts nur von Auszen ein Foto. Ebensowenig besucht habe ich den Tempelhuegel, denn mein Tempelbedarf ist noch gut gedeckt. Auszerdem vernachlaessige ich das Freiheitsdenkmal und die Grosze Markthalle. Ich war zwar da, aber dann wieder absteigen und Fotos machen…das kann man ja gugeln, wenn man es sehen will. Viel lustiger ist es, einfach durch den total anarchistischen Verkehr zu schlingern.

Aber die wichtigsten Punkte habe ich dennoch abgehakt: Kalaschnikow schieszen und Killing Fields besichtigen. Das negative zuerst: Ballern.

Es is hier schon kein Geheimtipp mehr, dass jeder Touri gegen Bezahlung horrender Dollersummen mit irgendwelchen automatischen Waffen schieszen kann. So weit – so gut, ein Magazin mit 20 Schuss fuer 40USD is zwar hart an der Grenze zur Laecherlichkeit, aber wenn man schon mal da is…

Nur wirds jetzt richtig daemlich! Was ich nicht bedacht habe ist, dass die meisten Jungs, die da hin kommen wahrscheinlich ungediente sind, die noch nie vorher eine Waffe abgefeuert haben. Dementsprechend ist auch der Freiraum, der einem eingeraeumt wird. Die Knarre, vorn an einem Holzgestell fest gemacht, wird von der “Schieszaufsicht” teil- und fertig geladen und aus Sicherheitsgruenden hat die Waffe auch kein Korn. So. Wenn der Babysitter nun auch noch selber abgekruemmt haette, waere meine Anwesenheit ueberhaupt nicht mehr noetig gewesen. Also besteht der ganze Spasz daraus, die Muendung grob in Richtung Schieszbahnende halten und das Magazin zu leeren. Nacher durfte ich nach einigem Nerven und Uebereignen etlicher weiterer $$ das Ding wenigstens mal zerlegen und zusammensetzen. Immerhin war nicht alles fuer die Katz.

Fazit:

Fuer Backpacker, Frische und waffengeile Rambofans, denen bei der Musterung das Knie irgendwie wehtat, so dass sie gottseidank T5 wurden:

Buuooha, sone geile Schaise, Alda! Hat voll geflaescht Mann! Baembaembaem, alda, hab mir voll vorgestellt, dass das der voll dumme Matheleher war, den ich da total wegeknallt hab, ey, ich schwoere! Ey echt ja, mir is mein Cock jetz echt 3cm laenger geworden, ja wiirkliich! Ich bin total froh, dass ich das gemacht hab so, war ne total wertvolle Erfahrung, so!

Fuer (gediente) Maenner:

Absolute Nullnummer! Finger weg! Lieber in den Puff gehen, da hat man wenigstens etwas Bewegung. Noch weniger Spasz macht hoechstens ne theoretische Fuehrerscheinpruefung.

Nun zu interessanteren Dingen. Choeung Ek, besser bekannt als “Killing Fields”-Mahnmalliegt etwas auszerhalb der Stadt. Hier wurden innerhalb von nicht mal vier Jahren geschaetzte 17000 Menschen hingerichtet. Nun wird er ein- oder andere historisch gebildete Deutsche einwerfen, das ist ja jetzt nicht so viel, allein im weniger bekannten Vernichtungslager Majdanek sind ja in einem aehnlichen Zeitraum schon ca 78.000 Menschen ermordet worden, was machen die denn da fuer einen Herrmann um die paar Toten in Phnom Penh? Aber man muss ein biszchen differenzieren: Im Gegensatz zum hochindustrialisierten Dritten Reich fehlte es aufgrund der Ausweitung des Vietnamkrieges auf Kambodscha mitte der Siebziger Jahre an allem. Fuer ausgekluegelte Massentoetungs-Industrieanlagen wie bei uns damals gab es kein Know How und auch keine Ressurcen. Selbst die Zeit haette gefehlt, denn exakt mit der Machtuebernahme des Pol Pot Regimes wurden saemtliche Staete des Landes evakuiert und deren Bewohner in Arbeitslager verbracht. Todesurteile wegen Bougeoisie konnten verhaengt werden, wenn jemand zB. Lehrer war, eine Fremdsprache beherrschte oder gar eine Brille trug. Vollstreckt wurden die Urteile dann umgehend nach dem herausgefolterten Gestaendnis des Beschuldigten. Sicherheitshalber wurde auch seine gesamte Familie mit erledigt, damit sich spaeter auch keiner raechen kann. Es gab wie gesagt keine Gaskammern und erschieszen war auch nicht drin, weil Patronen viel zu teuer waren. Also wurde hergenommen, was grad zur Hand war: Aexte, Schaufeln, Sicheln, Eisenstangen, ect. Anschlieszend wurden die Toten in Loecher geschmissen (bis das Loch voll war), mit Insektengift besprueht und mit einer Schicht Erde bedeckt.

In Choeung Ek hat man nach knapp 9000 ausgegrabenen Leichen aufgehoert zu Exhumieren. Die Loecher liegen nirgendwo mehr als zwei Meter auseinander. Man laeuft im Areal meist auf Trampelpfaden zwischen den Loechern herum, entweder, weil die Kambodschaner generell keine groszen Absperrfans sind, oder mit Absicht, denn auf der blanken Erde gucken unmengen Kleiderfetzen und Knochensplitter hervor, ueber die man zwangslaeufig drueber gehen muss.

Und um ehrlich zu sein, habe ich die wirklich abartigen Sachen sogar ausgespart. Wers wissen will, liest im Netz oder faehrt hin; Eintritt 6USD incl. Audioguide, erhaeltlich u.A. in englischer, deutscher und franzoesischer Sprache.

Dieser Beitrag wurde unter Asiengammeln, Hintergruninfos, Sightseeing veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten auf Phnom Penh

  1. bica sagt:

    Liebe NSA, das Foto Nr. 12 ist nur Spahaß! In Wirklichkeit ist dieser Mann Pazifist und so was von tolerant!

  2. fanie sagt:

    wow, du hasts echt drauf mit situationsadequatem humor! am anfang herzlich gelacht, am ende bewegt…
    PS: warum insektengift, was kreuchte denn da so rum? und warum interessiert die das, wenn sie eh erde drauf tun. brauchts die insekten nicht, um die biologische masse zu recyclen?

    • The Ralf sagt:

      Hm, ich habe echt mit Zynismuskritik gerechnet…aber Danke!

      Weisz ich auch nicht, so im Detail wurden die Leichenkompostierungsverfahren nicht diskutiert. Angeblich war ja auch zwei jahre spaeter beim Exhumierungsprozess noch laengst nicht alles verwest. Das DDT war wohl zum fernhalten von Maden, weil sich bestimmt sogar das totpruegel-Personal vor wabernden Madenteppichen geekelt hat. Solche Naturschauspiele konnte ich in Australien oft an Kuh- und Kaengaruhkadavern beobachten!

Hinterlasse einen Kommentar zu The Ralf Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>