Pfuscherei nach Plan

Je laenger ich hier bin, desto mehr dunkle Geheimnisse ueber meine Firma finde ich heraus. Nicht nur das der Werkstattmanager irgendwo in einem Hinterzimmer des Firmengrundstuecks heimlich Bier braut, sondern offenbar verschachert er auch Teile von Schrott-LKW an irgendwelche Leute. Natuerlich kann das auch alles hoch offiziell passieren, aber der heutige Auftrag liesz Anderes vermuten:

Vor ein paar Tagen hiesz mich mein Chef den hinteren Rahmen einer Sattelzugmaschine abschneiden. Als ich ihn fragte, wozu das gut sein soll, meinte er, jemand haette diesen gekauft. Ich fragte weiter, ob dieser jemand etwa vorhaette, ihn an ein anderes LKW-Vorderteil anzuschweiszen, worauf er (sicher auch wegen meines besorgten Gesichtsausdrucks ob meiner Befuerchtung, ich koenne moeglicherweise dieser Unglueckliche jemand sein) antwortete, der Rahmen ginge in Richtung Darwin. Heute morgen sasz das Fahrgestell aber vor der Schlosserei. Auf meine Frage was dieses hier zu suchen hat, antwortete mein Kollege, der Boss habe gesagt, da waehre ein kleiner Riss im Rahmen, der noch schnell zugeschweiszt werden soll, aber dann so glattgeschliffen und hergerichtet, dass man das nicht sofort sieht.

Bei naehrer Betrachtung stellte ich fest, dass der kleine Riss durch den halben, zweiteiligen U-Stahlrahmen bis zu den Befestigungsloechern der Aufnahme einer Torsionsstange reicht. Totalschaden, irreparabel. Ich sagte das auch meinem Kollegen und dieser stimmte mir zu, dass der Hauptrahmen einer vierachsigen Roadtrain-Zugmaschine mit biszchen zubrutzeln garantiert nicht einwandfrei ist. Simon erklaerte mir jedoch dass es sich hierbei vermutlich um irgendein Hinterzimmergeschaeft handelt (bei dem sicher auch das ein oder andere Pint Homebrew geflossen ist) und ich das einfach ein bischen  vertuschen soll, nur so, dass man es nicht auf den ersten Blick sieht. Gut, das kann ich! Nachdem ich den Riss also mit ner Alibinaht versehen und diese wieder glattgeschliffen habe, hab ich ueberall ganz viel Schmierfett draufgetan und dan alles mit der leuchtenden Brennerflamme mattschwarz ueberzogen. Zuletzt noch ein paar Haende voll rotem Dreck druebergeschmissen und alles sah wieder aus wie 20 Jahre alt. Und damit mir auch spaeter keiner an die Karre fahren kann, hab ich die Zeit dafuer auf zwei andere Fahrzeuge geschrieben, falls in einem Monat irgendein Unfallgutachter auf die Idee kommt, unsere Stundenzettel zu durchstoebern.

Beim Abschrauben der Torsionsstange ist aufgrund meiner unglaublichen Brachialkraft (oder eines Materialfehlers, wer weisz das schon) der 15/16” Schluessel (= 24mm; hail to the imperial system) abgerissen. Die als Drehmoment gedachte Spannung, welche ich zum loesen der rostigen Mutter in meinem Arm aufgebaut hatte, entlud sich daraufhin in einer ungewollt schnellen Bewegung. Zum Glueck war eine mutige Querstrebe im Rahmen zur Stelle, die meinen Hochgeschwindigkeitsellenbogen abrupt stoppte! Froh, dass niemand zu Schaden gekommen war, stiesz ich einen Freudenschrei aus (der sich fuer das ungeuebte Ohr freilich wie ein Gemisch unflaetigster deutscher und englischer Schimpfworte angehoert haben muss), schmiss das nun beurlaubte Wekzeug weit von mir und tanzte dabei wie Rumpelstielzchen. Aber es is Wochenende, und delhalb war keiner auf dem Hof, der haette applaudiern koennen. Schade!

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11 Antworten auf Pfuscherei nach Plan

  1. Hanni sagt:

    Ich hab Tränen in den Augen; was ist das herrlich geschrieben!!! Hoffentlich hast du vom “Freundentanz” nicht auch Tränen in den Augen gehabt!

    Herzlichste Grüße nach down under!

  2. bica sagt:

    1. Wieso wunderst du dich über kriminelle Energien des einen oder anderen Aussies? Bei dem historischen Hintergrund…
    2.Solltest du wieder einmal in die Versuchung geraten zu singen und zu tanzen, empfehle ich den Liedtext “Saklate- poklate”. Das klingt dann wie ein volkstlümliche europäische Weise und wird dort garantiert von keinem verstanden!

  3. Banknachbar sagt:

    Sehr schön! Ich hoffe aber das der Unfallgutachter deinen deutschen Blog nicht mitverfolgt sonst wirst du vielleicht noch geteert und gefedert.

    • The Ralf sagt:

      Ich hoffe auf den geringen Anteil deutschsprachiger australischer Gutachter, die meinen Blog lesen und der damit hohen statistischen Wahrscheinlichkeit, mal wieder ungeschoren davonzukommen. Und falls es schief geht, hilft immer noch rausreden. Alles so wie frueher, herr Banknachbar!

  4. Micha sagt:

    Ich hau mich weg. Du solltest ernsthaft drüber nachdenken Deine Reise da unten in ein nettes Buch zu fassen ;) Ich würde es kaufen ;)

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