Als ich heute am spaeten Nachmittag in Delhi im Hotel eincheckte, musste ich, wie ueblich in Indien, meinen Pass vorzeigen. Der Rezeptionsmann pruefte mein Visum und guckte mich argwoehnisch an: Ich sei wann in Banbasa ueber die Grenze gekommen? Am siebten? Das steht da, aber das koenne nicht sein. Heute sei ja erst der neunte! Ueber Agra gefahren? Die ganze Strecke? In drei Tagen? Auf einem Motorrad? Da muss ein Fehler vorliegen! Aber ein aelterer Kollege beruhigte ihn, wenn es da steht, wird es wohl auch so sein, es wuerde schon stimmen. Seitdem begegnet mir der Rezeptionsmann mit einem gleichermaszen misstrauischen sowie ehrfurchtsvollen Gesichtsausdruck. Tja, mit einem Arsch aus Leder schafft man auch auf indischen Landstraszen 540km in drei Tagen*!
Aber von vorne: Seit ich in Kathmandu losgefahren bin, habe ich mir keinen Tag fahrfrei genommen. Ich hatte zwar vor, einen ganzen Tag in Pokhara zu bleiben, aber es war leider so bewoelkt, dass man die schneebedeckten Gipfel des Anapourna-Hoehenzuges (bis auf ein kurzes Wolkenloch) eh nicht sehen konnte. Also am naechsten morgen weiter ueber die verschlungenen Bergpaesse in Richtung Lumbini. Dabei ging es in Richtung Sueden durch die sanften Vorgebirgshuegel des Himalaja (nur bis etwa 2000m). Landschaftlich atemberaubend und fahrerisch problemlos, da relativ gute Straszenqualitaet mit angenehm wenig Verkehr. In Lumbini besuchte ich nur Buddhas Geburtsruinen (Eintritt nur barfusz), den Rest der riesigen Anlage mit zig Kloestern und Tempeln ersparte ich mir, und machte lieber noch etwas Strecke bis zur Grenze in Mahendra Negar, wo ich fuer 2000NRP (ca 15EUR) im feinsten Hotel der Stadt naechtigte, mit Klima und Internet! Warmes Wasser gabs nicht, aber dafuer auch nur wenige, kurze Stromausfaelle. Zur Kroenung gabs sogar noch Panoramafensterausblick auf die Berge und, im Vordergrund, auf die wackeligen Huetten, die sich einige Slumbewohner aus Muell gebaut hatten. Auszerdem war direkt vor dem Fenster noch ne sumpfige Wiese, wo sich ein Bueffel stundenlang suhlte und eine Plumpe, unter der sich die Slumbewohner wuschen.
Als ich mir wie ueblich mein Abendbrot aus dem reichen Angebot der Fresswaegelchen am Marktplatz zusammengestellt hatte, musste ich wohl etwas daneben gelangt haben, denn in der folgenden Nacht begann sich meine Darmtaetigkeit unnatuerlich zu beschleunigen. Daher zog ich es bis heute vor, lieber nur abends zu essen (mit nem Klo in Reichweite). Waehrend es mich vorgestern noch einige Kraft gekostet hat, wenigstens das massenhaft benoetigte Trinkwasser drinnen zu behalten (holprige Straszen und dauernde Kuh- und Ziegennotbremsungen stellen auch die kraeftigste Poperze auf eine harte Probe), ist es jetzt scheinbar wieder im Lot.
Am naechsten Morgen also fuhr ich zur nahen Grenze und verpasste das nepalesische Passkontrollhaeuschen, weil es so unscheinbar aussah. Mich hat auch keiner aufgehalten. Anscheinend ist es den Nepalis voellig wurscht, wer in welcher Richtung die Grenze uebertritt. Nicht so in Indien. Der Grenzer dort schickte mich mit den Worten zurueck, ich moege bitte erstmal aus Nepal ausreisen, dann koenne ich gern nach Indien. Also wieder die zwei km durchs schlagloechrige Niemandsland zurueck, Stempel geholt und klaglos nach Indien eingereist.
Die Grenze bei Banbasa erwies sich als sehr improvisiert. Der Weg fuehrte ueber eine Art Stauwehr, was fuer diese Verkehrsbelastung eigentlich zu eng ist. Fuszgaenger und Zweiraeder kommen zwar durch ein kleines Gartentuerchen, aber alles was breiter ist als nen knappen Meter (Pferdekarren, Rikschas und ab und an sogar ein Automobil!) muss warten, bis gnaedigst jemand das Hoftor aufschlieszen kommt. Als ich grade anfing, meine Koffer abzumachen, kam dieser jemand aber!
Dann riss ich noch etwa 150km ab, wurde dabei dreimal von entgegenkommenden LKW von der Strasze gedraengt und verursachte Beinahe-Kollisionen mit vier Ziegen, zwei Koetern, einer Kuh und einem Greis. Auch die sowieso recht sporadische Straszenbeschilderung verlangt einem ein geruettelt Masz an Geduld ab, da sie, zumindest in der hinterindischen Provinz, in den seltensten Faellen in lateinische Buchstaben transkribiert wird. Wenn man fragt, koennen die Einheimischen zwar fast nie englisch, holen aber gerne irgendjemanden herbei, der wenigstens ein paar Brocken drauf hat. Aber da das Land hier ueberwiegend flach ist, kann man an Kreuzungen oft auch einfach nach Sonnenstand fahren. Das ist dann normalerweise nicht voellig falsch: Einmal habe ich mich in einer Stadt verirrt, bin irgendwie in ein Kasernengebiet geraten, dann ueber Eisenbahnschienen (wichtige Orientierungsmarken auf Landkarten!) und nen huzligen Feldweg, der schlieszlich, als ich ich mich schon weinend in den Straszengraben schmeiszen wollte, genau in die Strasze muendete, auf die ich wollte. Sowas rettet einem dann schon mal den Tag! Uebernachtet habe ich schlieszlich in Baduan (oder so), was ich bis dahin schon fuer recht schmuddelig hielt… aber weiter besser im naechsten Artikel….
*Rekord sind etwa 650km an einem Tag in Queensland/Australien
Oh Mann, nachdem ich einmal den Bildschirm verlassen habe, weil mir wegen eines Lachkrampfes die Luft ausging… und ich mit Bauchschmerzen zurueckkehrte, nur um einen Absatz spaeter in Lachtraenen auszubrechen… umarm ich Dich mal dankbar symbolisch fuer den besten Lachanfall des heutigen Abends
Keine Kuehe oder Leute umfahren, nicht gut fuers Karma!
Lachen ueber andrer Leute Darmbeschwerden ist aber auch nicht gut fuers Karma
Auf deinen weiteren Weg: “Ich erwarte nichts, ich befürchte nichts- ich bin frei”.
Der olle Nikos!
Na schöne Grüße aus BMW-Hausen von deinem Cousin! Ist echt Spannend was du dort jeden Tag erleben darfst und ich muß hier nur lesen. Da kommen mir meine 3660 km in 9 tagen bis in die Ukraine ja lächerlich vor…, aber das wird auch noch mal. Die Panamerikana ist noch nicht aus meinen Plänen gestrichen, im Gegenteil,jetzt erst recht. Du merkst der Neid sitzt tief bei mir. Aber meine Frau lässt mich eben nicht immer weit weg…Schmunzel Schmunzel! Toll das du alles so relativ unkompliziert auf die Reihe kriegst. Man muß eben nur losfahren, der Rest ergibt sich von allein und in irgend eine Richtung immer!!! Und das Essen scheint zu schmecken auch wenns nur Garküchen am wegesrand sind.Du siehst ja noch gut genährt aus.(ist wohl auch lecker) Na dann bleib mal schön auf der Straße /Weg und bau keine Scheiße unterwegs, ich freu mich schon auf ein Wiedersehen bei ordentlich Fleisch und deutschem Bier (Ich geb auch gern den ersten gekühlten Kasten). Naaa, doch Lust auf Zuhause??? Grüße von uns allen aus J. an der S….Rico
Naja, du musst schon GS 100 dazu sagen, sonst koennten die Leute denken du faehrst son Raumschiff mit ABS und Bordcomputer! Und 3660km in neun Tagen liegen auch sehr weit ueber meinem Schnitt! Naja, mit der unkompliziertheit haperts ja grade etwas, aber das wird schon! Das Grillangebot ist hiermit dankend angenommen, das Bier wirst du aber aufgrund der fogeschrittenen Jahreszeit bei meiner Rueckkehr besimmt nicht extra kuehlen muessen. Gruesz deine Frau und die Kinder in J an der S!